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Abstract:
Das globale Agrar- und Ernährungssystem befindet sich im Wandel. Die Folgen des Klimawandels und andere
Umweltauswirkungen beeinflussen agrarische Produktionsmuster, Ernteerträge und Ernährungssicherheit -
nicht nur lokal vor Ort, sondern auch entlang der Lieferketten. Anpassungen der Ernährungsgewohnheiten füh -
ren zu einer veränderten Nachfrage. Global ist eine Veränderung des Agrar- und Ernährungssystems aus min -
destens vier Gründen geboten: Erstens ist die Landwirtschaft Hauptverursacherin des Artensterbens und trägt
zum Klimawandel bei. Zweitens leidet nach wie vor ein Zehntel der Weltbevölkerung unter Hunger. Drittens
verschärfen Fehlernährung und Übergewicht in den meisten Ländern der Welt bestimmte Krankheiten und
verursachen gesellschaftliche Kosten. Viertens lebt in Industrieländern der überwältigende Teil der Nutztiere
in Massentierhaltung.
In diesem Beitrag ordnen wir die Krise des Agrar- und Ernährungssystems in Europa anhand ausgewählter in-
terdisziplinärer Sichtweisen ein. Dabei zeigen wir auf, dass eine wissenschaftliche Annäherung an die Ursachen
und potentiellen Lösungsmöglichkeiten der Ernährungskrise quantitativer Analysen und Modellierung be-
darf, welche die komplexen Interaktionen von natürlichen und sozial-ökonomischen Systemen abbilden. Wir
zeigen außerdem, dass zusätzlich auch normative Antworten darauf, wie die Lasten der Ernährungswende
zu verteilen sind, notwendig sind. Darüber hinaus hängen die Ziele der Ernährungswende davon ab, welchen
moralischen Wert und Schutz wir Nutztieren und intakten Ökosystemen zusprechen, und wie wir globale
Nahrungsmittelsicherheit schaffen wollen.
Als Lösungsmöglichkeiten für die gesellschaftlichen Probleme des Agrar- und Ernährungssystems wer-
den Diversifizierung von Handelsbeziehungen und länderübergreifende Anpassungsstrategien, Bildung
für Nachhaltige Entwicklung, eine sozial gerecht ausgestaltete Bepreisung der Umweltkosten des Konsums
von Tierprodukten und Schritte zur Umsetzung des gesellschaftlichen Konsens zur Abschaffung der
Massentierhaltung betrachtet.
Der Beitrag macht darauf aufmerksam, dass das Thema nicht nur die Abgrenzung der Problemfelder Arten-
sterben, Gesundheit, Hunger und Tierschutz sprengt, sondern auch der verschiedenen Bewertungsmaßstäbe
wie der ethischen Bewertung, der ökonomischen Effizienz und des partizipativen Dialogs. Für letzteren fehlt es
oftmals an umfassender interdisziplinärer Wissenschaftskommunikation.